Sonntag, 19.05.2024

La Isla, mucho barro und der erste Sidra

Wir sind mittlerweile wieder Zuhause und ich bin immer noch krank und angeschlagen. Da ich auf der Couch rumdümple, fange ich langsam an die letzten zwei Lauftage zu verfassen. Habe ja sonst nichts zu tun 🤧.

Sonntag 19.05.

Der gestrige Lauf war super anstrengend. So langsam weiß ich auch warum. Ich habe etwas Halsschmerzen. Ein Infekt macht sich breitt. Mist, ich hoffe, dass ich vor schlimmeren verschont bleibe. 

Heute geht es mir aber körperlich ganz gut und wir starten motiviert. Diesmal haben wir 17 km vor uns. Sollte kein Problem sein. Fühle mich gut und Guido sowieso. 

Wir haben heute viele Highlights auf der Strecke. Anfänglich verabschieden wir uns von der Stadt Ribadesella bei schönen Sonnenschein und genießen den Spaziergang entlang am Strand. Freundlicherweise macht ein englischer Pilger ein Foto von uns. Leider schneidet er uns die Beine ab, auf dem Foto...nicht in echt. Schade.

Aus der Stadt heraus laufen wir an unzähligen Apartmenthäuser vorbei. In Spanien gibt es eine spezielle Architektur. Viele Blocks und große Mehrfamilienhäuser. Nicht mein Ding. 

Wieder durch schöne Landschaften mit Wiesen, Hügeln und kleinen Bergen kommen wir nach ca. 2 h in das kleine Dorf Vega.

Wie jeden Tag, hoffen wir auf ein Café oder eine Bar. Glück gehabt. Wir sehen ein Schild mit der Beschriftung: desayuno, café, bebidas. Jackpot! Es ist diesmal eine Pilgerherberge die auf Spendenbasis Frühstück und Getränke anbietet. Es sitzen schon einige junge Pilger*innen am Tisch und wir setzen uns dazu. Die Betreiberin der Herberge ist eine Frau, Anfang 60 die mindestens 3 Sprachen beherrscht und super deutsch spricht. Sie erzählt uns, dass sie in ihrem Leben 7000 Kilometer gepilgert ist. Irgendwann ist sie in dem kleinen Dorf hängen geblieben und hat eine Herberge eröffnet. Krass. Ihr Haus im Inneren erinnert mich ein bisschen an ein Hexenhäuschen. Klein, dunkel, ein bisschen chaotisch... wer weiß,  vielleicht ist sie ja eine Pilgerhexe. Das Aussehen dazu hätte sie auch; lange graue verwunschelte Haare, langes Strickkleid + Strickjacke, Stricksocken und abgelatschte Birkenstocks. Perfektes Bild. Aber alles in allem eine nette Pilgerhexe und eine gemütliche Atmosphäre. Guido würde am liebsten noch da bleiben, aber wir wollen ja heute auch ankommen.

Weiter geht's einen schönen Weg entlang an einem langen Strand. Der Weg hat aber auch einen Haken. Durch den vielen Regen der letzten Tage, sind viele Abschnitte sehr matschig. Das macht keinen so großen Spaß. Wir versuchen seitlich daran vorbei zu kommen oder legen uns teilweise große Steine in den Matsch (spanisch: barro), zum überqueren der schlimmsten Stellen. So zieht sich das bis kurz vor Ende hin.

Leider war bei diesem Schilderwald Offenbach nicht dabei. Aber immerhin Frankfurt und Bad Vilbel!

Kurz vor unserem Endpunkt in La Isla nach vielen schönen Stränden und Matschwegen, laufen wir den letzten Strand entlang und setzten uns in eine wunderschöne Strandbar. Als wären wir auf den Seychellen.

Und jetzt ist es auch endlich soweit: Wir bestellen eine Flasche Sidra (spanischer Apfelwein der hier in Asturien der Renner ist). Normalerweise wird er mit einer speziellen Technik eingeschenkt. Leider hat das der Kellner nicht gemacht. Schade, aber macht nichts. Wir probieren es selbst auf asturische Art einzuschenken. Das geht wie folgt: Man bringe den Körper in senkrechte Lage, führe das Glas in der einen Hand möglichst weit unter Hüfthöhe und die Flasche in der anderen Hand gleichzeitig über den Kopf, vorzugsweise mit ausgestrecktem Arm. Und jetzt eingießen. Klappt, aber ein ganz kleines bisschen geht daneben....er wird ja nur zu einem fünftel ins Glas gefüllt. Warum genau wissen wir nicht, vielleicht damit es nicht so nach übermäßigen Alkoholkonsum sondern nach vornehmen Trinken aussieht. Was aber auch nicht sein kann, da ich die Spanier schon am Nachmittag gesehen habe, wie sie ganz vornehm einige leere Flaschen vor sich auf dem Tisch stehen haben, bei bester Stimmung. 

Guido versucht auch sein Glück (mit der Standardmethode) einzuschenken und vertröppelt etwas weniger als ich. Wir schaffen nur knapp 3/4 der Flasche, denn das Gesöff hat immerhin auch 6% Alkohol und das merkt man auch. Schmeckt übrigens ganz ähnlich wie unser hessischer Apfelwein.

Die letzten 1,5 km liegen vor uns und wir erreichen das Hotel. Das ist heute unser erster Griff ins Klo. Eine ganz fürchterliche Bude. Es muffelt und das Bad schimmelt vor sich hin, die Betten ein Graus und noch nicht mal Lampenschirme an der Bettbeleuchtung. Bitte lass die Nacht ganz schnell vorüber sein.🙏

Ich nehme erstmal eine Ibuprofen, da Hals- und Kopfschmerzen wieder überhand nehmen. Abends finden wir in dem Ort ein nettes Strandlokal, wo wir versuchen die Nacht so weit es geht zu verkürzen und so spät wie möglich ins Hotelzimmer zurück zu kehren

. 

In der Nacht ekelt es mich ab und zu. Am nächsten Morgen sind wir direkt und ohne Frühstück um 8.00 Uhr fluchtartig zur nächsten Etappe aufgebrochen. 

Buen Camino